Dagmar und ich starten voraussichtlich um den 25. August unsern Ausflug gegen Süden - mit Marokko als Ziel

Tag 7, 1. September

Annecy–Celliers-Dessus

Sonnig und warm, Rückenwind am Morgen

86 km, Schnitt 15,8, Vmax 48km/h

Die Jugi und der velolose Tag tat uns gut. Wir hatten schon am Vorabend wieder so richtig Lust aufs Weiteradln. Und der Plan, den wir uns gefasst hatten: von Annecy dem rechten Seeufer entlang Richtung Talloires, Albertville und die erste Hälfte des Col de la Madeleine in Angriff nehmen.
Die Fahrt dem See entlang machte riesig Spass. Wir hatten den Wind auf unserer Seite, das Wetter war ideal – nicht zu heiss, nicht zu kalt, die Sonne schien –, und die Landschaft geizte auch nicht mit Reizen, links von uns ragten steile bewaldete Hänge in die Höhe mit schroffen felsigen Abschnitten und Kreten, rechts der See in tiefem, schon fast Photoshop-verdächtigem Blau.
Irgendwann mal, gar nicht so viel später, zog sich das Tal vor uns zusammen, die Berge wurden mächtiger, die Felsformationen noch eindrücklicher. Und wohl grad weil das Tal enger wurde, nahm auch der Wind immer mehr zu. Und wir segelten förmlich in der Talebene auf einem wunderbar ausgebauten Radweg der ehemaligen Olympiastadt Albertville entgegen. Wenn da nur nicht immer die ekelhaft mühsamen Schranken auf dem Radweg rumgestanden hätten, sobald derselbe eine Seitenstrasse querte. Links oder rechts umfahren über die Wiese oder einen schmalen Trampelpfad, oder dann mit unserem Long Vehicle durch das Hindernis schlängeln – im Schritttempo. Einmal hängten wir mit der einen Tasche an und mussten dann halt unser Supergefährt wieder vom Boden aufwuchten.
In Albertville, einem Städtchen, das eigentlich ganz hübsch sein könnte, hätten da nicht mal die olympischen Spiele stattgefunden, war wie vorgesehe Pause.
Weniger vorgesehen war, dass wir uns zum Glück in einer Beiz verpflegten – so mit Quiche, pain au chocolat und eclair au chocolat. Sehr fein, sehr genug und eben: zum Glück. Aber dazu später.
Weiter ging's das Isère-Tal hoch. Immer näher die Bergflanken, immer höher hinauf musste man schauen, um doch noch blauen Himmel zu sehen. Und irgendwann – in Feisson-sur-Isère kam dann der Abzweiger Richtung Col de la Madeleine. Es war halb4.
Der Pass scheint die zweite Heimat vieler Niederländer zu sein. Gefühlte knapp 182 in schmucken Farben gekleidete Rennvelöler kamen uns entgegen, davon so um die gut 57 Frauen – wir am Hinaufkriechen, sie am Hinunterpreschen.
Steile Passagen, die einem auf unserem schwer beladenen Hobel das Treten mühsam machten, wechselten sich ab mit Blitzlicht weniger steilen und ein paar kurzen Flachstücken. Aber alles in allem eigentlich fahrbar, auch mit unserm Gepäck. Kurve um Kurve kämpfen wir uns von der Talebene weg dem Himmel entgegen. Der Himmel liegt heute bei Celliers, dem Ort in dem wir übernachten wollen.
Einfach dumm, dass die schon weit unten angekündigte Pension in Celliers vom 31. August bis 4. September dicht ist. Also weiter. Mit schon 80 km und einigen Höhenmetern in den Knochen doch eher ärgerlich. Der faule Hund, der vor dem nächsten Hotel die Strasse vor dem Auskühlen bewahren wollte, liess uns nichts Gutes erahnen. Zimmer? – Non. Essen? – Non. Andere Hotels? – Non. Zeltplatz? – Non. Die ältliche Frau war etwa so charmant wie ein rostiger Kühlschrank. Wir müssten halt noch über die Passhöhe, meinte sie. Danke. Danke. Aber nein, danke!
Trotzdem kämpften wir uns noch ein paar Meter weiter. Fragten einen älteren Herrn, der zwar viel freundlicher war, in der Sache aber etwa gleich viel helfen konnte oder wollte.
Dann kam ein Engel die Strasse hoch. Sie verlasse zwar grad das Haus. Wir sollen es uns bequem machen. Hier sei der Schlüssel. Nein, sie sei erst nächstes Wochenende wieder hier. Nicht mal unsere Adresse wollte sie. . . . Pascale Cartier – einfach nur danke – merci beaucoup!!!!!
Eben. Der Himmel liegt heute in Celliers.
Und wir kochten uns die Reste von gestern Abend, die eigentlich fürs Zmittag gedacht gewesen waren. Und die Notrationen mit Knorr-Risotto. Wenn man Hunger hat, isst man auch das.

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Tag 8, 2. September

Experiences – bonnes et males
Gut ausgeruht setzten wir uns wieder aufs Velo, bereit für das letzte Drittel. Und das hatte es in sich. Grad nach Celliers war es extrem steil, und die Kilos raufzuwuchten, verlangte uns am Morgen alles ab.
Die Passhöhe erreichten wir stolz, mussten viel plaudern und über unser Velo und unsere Reisepläne Auskunft geben, während wir uns in der Gipfelbeiz mit Frites und Flüssigkeit wieder aufpäppelten.
Die Abfahrt, ein Traum. Durch viele Kurven steil dem schon sichtbaren Städtchen La Chambre entgegen. Doch leider wurde sie auch zum Alptraum jedes Velofahrers, da wir 4 km vor Schluss durch einen lauten Knall jäh gestoppt wurden. Ein Reifenplatzer brachte uns zu Fall, und wir schlitterten noch ein paar Meter über den Asphalt. Zum Glück nichts passiert ausser ein paar Schürfungen. Und das alles hätte leicht im Spital enden können.
Der Schaden, so weit wir ihn bis dahin einschätzen konnten: ein kaputter Schlauch und eine verbogene vordere Tretkurbel.
Dumm auch, das der Ersatzschlauch nun doch zu Hause liegen geblieben ist. Ein junger Franzose nahm uns mit zum nächsten Velomech, etwa 15 km weit weg in Saint Jean de Maurienne. Dort kauften wir uns zwei Schläuche. Wegen der Tretkurbel müssen wir nochmals vorbei gehen, da er das Teil sehen muss und wir sowieso nicht das Werkzeug zum Wechseln haben.
Der Franzose führte uns auch wieder zurück. Und als wir das Teil einsetzen wollten entdeckten wir erst, dass der Pneu komplett am A... war.
Wir wollten uns auf die Suche nach einer Unterkunft machen und begannen, das Velo hinunterzustossen. Zwei Männer in einem Garten gaben uns einen Tipp für eine Pension – und für eine Abkürzung.
Der eine davon nahm uns dann mit zum nächsten Supermarkt, wo wir uns einen billigen Reifen erstanden und führte uns dann zum Campingplatz. Ah ja, das Hotel schien keine freien Zimmer zu haben für uns. Wohl seit Jahren nicht mehr, denn dass die Absteige wirklich complet ist, können wir beim besten Willen nicht glauben.
Nun denn, so sind wir in La Chambre, wissen noch nicht wirklich, wie, wann und ob es weitergeht, denn die Felge hat auch was abgekriegt und irgendwas mit der Lenkgeometrie ist auch unschön, denn das Velo zieht immer nach rechts.
So, stay tuned for the next news – and for some pics.

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Tag 9, 3. September

La Chambre et St.-Jean-de-Maurienne

Wir lassen uns also imfall noch nicht unterkriegen. Die kaputten Veloteile sind grad beim Mechanicien, und das mit der Lenkgeometrie wird sich noch weisen. Im Notfall lassen wir uns die Ersatzgabel liefern.

Am Morgen in La Chambre war es doch eher hart, aus dem Zelt zu kriechen. Wir sind mitten in den Bergen, und das konnte man fühlen. Es ist kühl.

Unterdessen sind wir in St. Jean, es ist halb2, und die Sonne wärmt tüchtig. Aus dem missgelaunten Start wird ein so richtig gemütlicher Tag in einem verschlafenen Städtchen.

Für die nächsten paar Tage gibts noch viele Varianten – weiter nach Plan, Umweg über Grenoble und Rhonetal runter, heimzu, anderes Velo holen . . . Die Aufzählung ist nicht abschliessend.

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Föteli-Nachschub

Wir sind noch einen Tag in La Chambre, und dann gehts par train à Grenoble. Aber vorher noch ein paar Föteli für die Lesefaulen unter euch.

Schattentheaterpassfahrt
Den Mont-Blanc haben wir schon hinter uns . . .
   und den Col de La Madeleine noch vor uns.
Das Velo läuft noch. Zwar langsam und beschwerlich. Aber wir sind OBEN!
Triumph
Nach dem Sturz

Echli kaputt. Den Schlauch zu flicken, bräuchte glaube es bitzeli vili Flick.

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Tage 10 und 11, 4. und 5. September

Bricolette ou bicyclage

Sonnig, mit einigen Wolken, in Grenoble sommerlich

Am Donnerstag verbrachten wir noch einen faulen Tag in La Chambre, wo wir uns früh zu Bett ins Zelt begaben, nachdem sich Didi nochmals den Pass zu Gemüte führte, diesmal allerdings als Autoausflug. Und wir können, müssen, sollten stolz auf uns sein.

Und heute Freitag ging's per Zug nach Grenoble. Gespannt waren wir natürlich auf das zu vollbringende Origami, um unser Velo in den Zug zu bugsieren. Und Didi spürt immer noch die unrühmlichen Erinnerungen von Glasgow in den Knochen, wo sich wohl das gesamte Unterhaus und der britische Premier einschalteten, um die Beförderung von Liegevelos zu akkreditieren.

Es klappte. Im ersten Anlauf, zwar mit schmutzigen Händen, aber immerhin.


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Tag 12, 6. September

Grenoble

Sonnig, schätzungsweise 27 Grad

La fourche est replacée

Michelle kam gestern Abend um etwa neun Uhr an, und wir hatten uns einen Inder ausgewählt, um den Hunger zu stillen. Hätte ruhig ein bisschen schärfer sein dürfen, aber war trotzdem sehr fein. Nach dem Znacht zogen wir uns langweilig zurück ins Hotel, da wir, vor allem Michelle, von der langen Fahrt durch etliche Staus und wir eigentlich auch vom Velozusammenklappen, -schleppen und -aufklappen schon sehr müde waren.

Dagmar und Michelle machten sich heute nach dem Frühstück auf Sightseeing- und Shoppingtour. Didi übte sich derweil als Mėcanicien de vėlo. Da ein Teil, der Lagersitz – ein Ring, der aufs Steuerlager kommt –, schweres Werkzeug benötigte, musste er trotz anderer Absicht zu einem Velogeschäft, wo der richtige Mech sich mit Hammer und Meissel am Ding zu schaffen machte. Mit mittelgrossem Erstaunen, passte die "alte" Gabel. Eigentlich kein Wunder, aber immerhin wars Didis erster Versuch, eine Gabel einzubauen – und es klappte!

Allerdings sitzen die Schrauben der ausgebauten Federgabel so fest, dass er das Rad nicht herausbekam und der eigentlich noch neue Reifen erstmal gefangen auf dem Vorderrad bleibt, das mit Michelle den Heimweg Richtung Schweiz antreten wird. Vielleicht schaffts Michelle mit ihrem bobanschiebgestähltem Arm, den 19er-Schlüssel in Bewegung zu setzen.
Am Nachmittag gabs einen Kaffee zusammen, dann machte sich Didi mal auf die Suche nach schönen Ecken, und die andern beiden mit Umweg über einen Coiffeursalon, der Dagmar eine hoffentlich velohelmtaugliche Frisur verpasst, zurück ins Hotel.
Und wenn alles gut geht, dann finden wir ein feines Couscous zum Znacht. Vielleicht endlich mal wieder mit so richtig scharfen Merguèzes. Und dann gern noch ein bisschen das Abendleben geniessen in dieser Stadt, die eigentlich so nahe der Schweiz liegt – ja, so weit sind wir nun eben doch nicht gekommen, geplant war ja, das Wochenende in Nizza zu verbringen –, und doch schon so südländisch-mediterran daherkommt. Das Meer ist einfach grad nicht da. Am Montag machen wir uns auf, es zu suchen.

Uwe und Ruth, die wir auf dem Camping in La Chambre getroffen haben, haben uns eine schöne Route gezeigt, die wir grad auf unsere Karte übertragen haben. In drei bis vier Tagen sind wir am Strand.
Glaub der richtige Moment für ein herzliches Danke an Nik für das Paratmachen des Materials und die süssen Mitgebsel. Und an Michelle für die prompte Lieferung all der Sachen, die unsere Weiterfahrt erst möglich machen.
Und ein kleiner Nachtrag vor dem Schlafengehen: Ja, Michelle schaffte es, die Schrauben zu lösen. Zwar weniger mit Arm-, dafür mit Beinarbeit. Leider gibts kein Bild davon, wie Dagi und Didi am Boden knien und staunend die Gabel mit den Händen fixieren, als Michelle auf den Schraubenschlüssel eintritt.

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