Schriftgröße: +
3 Minuten Lesezeit (634 Worte)

Tag 7, 1. September

Annecy–Celliers-Dessus

Sonnig und warm, Rückenwind am Morgen

86 km, Schnitt 15,8, Vmax 48km/h

Die Jugi und der velolose Tag tat uns gut. Wir hatten schon am Vorabend wieder so richtig Lust aufs Weiteradln. Und der Plan, den wir uns gefasst hatten: von Annecy dem rechten Seeufer entlang Richtung Talloires, Albertville und die erste Hälfte des Col de la Madeleine in Angriff nehmen.
Die Fahrt dem See entlang machte riesig Spass. Wir hatten den Wind auf unserer Seite, das Wetter war ideal – nicht zu heiss, nicht zu kalt, die Sonne schien –, und die Landschaft geizte auch nicht mit Reizen, links von uns ragten steile bewaldete Hänge in die Höhe mit schroffen felsigen Abschnitten und Kreten, rechts der See in tiefem, schon fast Photoshop-verdächtigem Blau.
Irgendwann mal, gar nicht so viel später, zog sich das Tal vor uns zusammen, die Berge wurden mächtiger, die Felsformationen noch eindrücklicher. Und wohl grad weil das Tal enger wurde, nahm auch der Wind immer mehr zu. Und wir segelten förmlich in der Talebene auf einem wunderbar ausgebauten Radweg der ehemaligen Olympiastadt Albertville entgegen. Wenn da nur nicht immer die ekelhaft mühsamen Schranken auf dem Radweg rumgestanden hätten, sobald derselbe eine Seitenstrasse querte. Links oder rechts umfahren über die Wiese oder einen schmalen Trampelpfad, oder dann mit unserem Long Vehicle durch das Hindernis schlängeln – im Schritttempo. Einmal hängten wir mit der einen Tasche an und mussten dann halt unser Supergefährt wieder vom Boden aufwuchten.
In Albertville, einem Städtchen, das eigentlich ganz hübsch sein könnte, hätten da nicht mal die olympischen Spiele stattgefunden, war wie vorgesehe Pause.
Weniger vorgesehen war, dass wir uns zum Glück in einer Beiz verpflegten – so mit Quiche, pain au chocolat und eclair au chocolat. Sehr fein, sehr genug und eben: zum Glück. Aber dazu später.
Weiter ging's das Isère-Tal hoch. Immer näher die Bergflanken, immer höher hinauf musste man schauen, um doch noch blauen Himmel zu sehen. Und irgendwann – in Feisson-sur-Isère kam dann der Abzweiger Richtung Col de la Madeleine. Es war halb4.
Der Pass scheint die zweite Heimat vieler Niederländer zu sein. Gefühlte knapp 182 in schmucken Farben gekleidete Rennvelöler kamen uns entgegen, davon so um die gut 57 Frauen – wir am Hinaufkriechen, sie am Hinunterpreschen.
Steile Passagen, die einem auf unserem schwer beladenen Hobel das Treten mühsam machten, wechselten sich ab mit Blitzlicht weniger steilen und ein paar kurzen Flachstücken. Aber alles in allem eigentlich fahrbar, auch mit unserm Gepäck. Kurve um Kurve kämpfen wir uns von der Talebene weg dem Himmel entgegen. Der Himmel liegt heute bei Celliers, dem Ort in dem wir übernachten wollen.
Einfach dumm, dass die schon weit unten angekündigte Pension in Celliers vom 31. August bis 4. September dicht ist. Also weiter. Mit schon 80 km und einigen Höhenmetern in den Knochen doch eher ärgerlich. Der faule Hund, der vor dem nächsten Hotel die Strasse vor dem Auskühlen bewahren wollte, liess uns nichts Gutes erahnen. Zimmer? – Non. Essen? – Non. Andere Hotels? – Non. Zeltplatz? – Non. Die ältliche Frau war etwa so charmant wie ein rostiger Kühlschrank. Wir müssten halt noch über die Passhöhe, meinte sie. Danke. Danke. Aber nein, danke!
Trotzdem kämpften wir uns noch ein paar Meter weiter. Fragten einen älteren Herrn, der zwar viel freundlicher war, in der Sache aber etwa gleich viel helfen konnte oder wollte.
Dann kam ein Engel die Strasse hoch. Sie verlasse zwar grad das Haus. Wir sollen es uns bequem machen. Hier sei der Schlüssel. Nein, sie sei erst nächstes Wochenende wieder hier. Nicht mal unsere Adresse wollte sie. . . . Pascale Cartier – einfach nur danke – merci beaucoup!!!!!
Eben. Der Himmel liegt heute in Celliers.
Und wir kochten uns die Reste von gestern Abend, die eigentlich fürs Zmittag gedacht gewesen waren. Und die Notrationen mit Knorr-Risotto. Wenn man Hunger hat, isst man auch das.
0
Tag 8, 2. September
Tag 6, 31. August
 

Kommentare

Derzeit gibt es keine Kommentare. Schreibe den ersten Kommentar!
Mittwoch, 15. Mai 2024

Sicherheitscode (Captcha)