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Tag 4, 6. Februar

​Wind und Wetter

80 km, 22,9 km/h im Schnitt

Eine dumpfe Ahnung hatte ich schon vom Geräusch der am Hotel vorbeifahrenden Autos. Nass klang das. Ein scheuer Blick aus dem Fenster bestätigte meinen Verdacht. Es regnete in Strömen. Nicht so schlimm. Wieder mal einen auf gemütlich machen. Vielleicht hört es ja bald auf.

Das magere Zmorge, bestehend aus einem Kafi, einem Pain au chocolat und einem frischen Orangensaft zog ich unendliche Länge, mein Blick immer wieder aus dem Fenster schweifen lassend: Die Schirme sind immer noch offen, die Scheibenwischer sind eingeschaltet.

Also nochmals einen Kafi. Und dann wieder gemütlich ins Zimmer, mal Unterkünfte für Nizza auschecken auf dem Internet. Nizza ist ja nur ein paar Kilometer den Berg runter. Wäre vielleicht auch für diese Nacht besser gewesen. „Villefranche is closed for winter“, hätte auf einem Schild stehen sollen am Stadteingang. Die Suche nach einem vernünftigen Restaurant war lang und nicht ergiebig. Am Schluss gabs in einem Fastfoodlokal grad neben dem Hotel einen währschaften, aber nicht wahnsinnig feinen Schweinsbraten mit weichem Gemüse und zwei verlorenen Härdöpfeln. Plat du jour nannte sich dann das.

Also dann halt Nizza. Oder eben doch nicht. Weil der Regen hat fast aufgehört. Also doch weiter. Wie weit, das wollte ich dann vorab entscheiden, man weiss ja nie, bei dem zügigen Wetter.

Ja, zügig. Der Wind hat nochmals zugenommen, aber immer noch von schräg hinten. Mistral ist das glaub nicht, der würde eher so richtig von Norden kommen. Das Rhonetal durab. 

Durch Nizza war ich schnell durch. Die Promenade des Anglais war noch nie so englisch wie heute. Nass, der Himmel wolkenverhangen, feiner Regen. Und eben Wind. Von hinten. Und ich eben darum schnell. Die Nobelhotelkästen mit so wohlklingenden Namen wie Boscolo, Hotel 64 und Negresco wären ja sowieso nicht meine Liga. Lustig, die Vorstellung: Où puis-je mettre ma biciclette?

Mit gut 30 am Luxus vorbeigeradelt, am Flughafen auch, und irgendwann war auch Nizza irgendwie am Ende, dafür kaufte ich dann ein Zmittag ein im Casino. Das wurde dann auch grad verspiesen, denn so Schoggibrötli sind zwar fein, aber die heben nicht so heren. (Ja, es gibt sie, die schweizerdeutschen Ausdrücke, für die ich keine hochdeutsche Entsprechung finde, oder keine befriedigende zumindest.)

Weiter nach Cannes, das sich schon jetzt wieder für die Stars von Welt und Halbwelt bereitzumachen scheint: Die Hälfte der Strassen ist aufgerissen, die andere Hälfte wartet darauf oder hat’s grad hinter sich.

In Cannes gibts am Hafen Kafi, und danach folgt wohl der Königsetappenabschnitt dieser Tour: St-Raphael suivant le bord du mer. Mit einigen Höhenmetern, nicht zu grob allerdings, schlängelt sich die Strasse der Felsnase zu, mal den Wind von hinten (huiiii), dann von der Seite (uiii) und dann von vorne (uh). Aber die Anstrengung und der Nervenkitzel lohnen sich: spektakuläre Ausblicke, rostrote Felsen, in die die Strasse hineingebettet ist, kaum Verkehr, ein paar andere Velofahrer, aber mit leichtem Velo und noch leichterem Gepäck.

Die Einfahrt in St-Raphael stellt keine Probleme, und um die erste Ecke gebogen sehe ich auch grad ein kleines Hotel, le Hôtel nouveau, das mir und meinem Velo Einlass gewährt.

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Tag 5, 7. Februar
Una giornata, deux langues, trois pays
 

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Donnerstag, 16. Mai 2024

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