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Tage 1–26, 2. bis 27. Juli. Quer durch halb Frankreich an der Sonne gelegen

Tage 1–26, 2. bis 27. Juli. Quer durch halb Frankreich an der Sonne gelegen

​Von Strapazen, Pässen, Unterkünften und nochmals Velowegen

Montpellier–Ripoll–Pau–Biarritz–Bordeaux–Toulouse–Montpellier ​Wetter: sommerlich und oft heiss ​Wind: manchmal gut, manchmal nicht
Gesamtkilometer: 1855 ​Zeit: 89:35
​​Geschwindigkeit: 20,7 km/h


Knapp vier Wochen reichen also für eine kleine Frankreichrunde. Klein? Klein! Das Land ist ja unendlich gross. In der Schweiz sind es wohl gut 300 Kilometer vom einen ans andere Ende. Das entspricht einem Würmchen auf einer ganzen Frankreichkarte. 

Ich habe gemäss Kilometerzähler 1855 km zurückgelegt und brauchte dafür 89 Stunden und 35 Minuten. Das ergibt dann ein Stundenmittel von 20,7 km/h. 

Jeder Meter davon hat sich gelohnt, und das, was zwischen den Metern gewesen ist, auch: die Abende, die Kaffees, die Sonnenuntergänge, das Zikadengerassel, die Wellen an der Atlantikküste, das Gefühl, auch eine überlange Etappe einigermassen überleben zu können, der kühle Wind in den Morgenstunden, die vielen Sonnenstunden, das manchmal sehr feine Essen. Die Aufzählung ist nicht abschliessend. 

Ich habe glaub achtmal gezeltet. Das ist eindeutig weniger, als ich vorhatte. Und es lag nicht am Zelt, Hansi. Denn das war erstens wirklich einfach aufgestellt – sagen wir mal zehn Minuten über den Daumen gepeilt – und superpraktisch.

Aber, das mit dem Zeltplätzen, zum Beispiel der in Pau: Er war an und für sich sehr schön und auch ganz passabel im Preis. Nur war ja eigentlich meine Absicht, den Abend in Pau zu geniessen, zumal es der 14. Juli war. Da zwischen Camping und der Stadt etwa sieben Kilometer liegen, mit ein paar Verfahrern und Umwegen und der Sucherei in der Stadt wären dann lockerst zehn daraus geworden, verliess mich die Lust denn auch wieder, und ich legte mich früh ins Zelt und nahm den Kopf zwischen die Kopfhörer, um noch ein bisschen Musik zu hören. 

Kommt hinzu (ein letzter Bloggruss nach Zürich), dass diese Campingszene auf dem Land . . . also die sind schon ein bisschen speziell manchmal. Eine verschworene Gemeinschaft, alt gewordene Hippies und nie jung gewesene Bünzlis, nie um einen Peach-Weber-ähnlichen Spruch verlegen, den Bierbauch extravagant über die engen Turnhosen drapiert, und wahrscheinlich haben sie Front National gewählt. Die Ferienplätze an der Küste sind dafür sündhaft teuer, kaum französisch und haben dafür allen Komfort – WC-Papier muss man aber immer noch selbst mitbringen. Und das Wasser im Pool ist etwa so klar wie das in einer Badewanne nach einem Familienbad. 

Am meisten Bammel hatte ich ja davor, allein unterwegs zu sein. Geht gut. Es kam aber schon immer mal wieder vor, dass ich die Eindrücke gern mit jemandem geteilt hätte, oder dass mir jemand seine mitteilt. Oder dass man nach getaner Arbeit auf die Leistung anstossen könnte. Oder dass man bei der anderen Person merkt, dass man nun doch nicht der Einzige ist, der es anstrengend findet. 

Dann kommt hier noch ein Abschnitt mit ein Ein-, An- und Aussichten, chaotisch wohlgeordnet: 

Liegevelos sind eine feine Sache. Ich werde nicht müde zu betonen, dass sie nicht gefährlicher zu fahren sind als die hochbockigen unbequemen Dinger, die man gemeinhin als Velo bezeichnet. Die einzigen brenzligen Situationen waren im Zusammenhang mit Fussgängern oder anderen Velofahrern, die, ohne zu schauen, irgendwelche Kapriolen auf dem Trottoir resp. Radweg fabrizierten. Mir tat nie etwas weh, hin und wieder ein bisschen eine verspannte Schulter, das ist alles. Autofahrer sind allgemein sehr zuvorkommend, gewähren Velölern oft den Vortritt. Nur auf Schnellstrassen wird es ungemütlich. 

Zum Passfahren geht es auch, das mit dem Liegen. Und wenn da das viele Gepäck nicht gewesen wäre, wäre es sicher noch eine ganze Preisklasse entspannter gewesen. Der Grund, warum ich die Pyrenäen schliesslich Richtung Norden ins Flache verlassen habe, liegt eher darin, dass man nicht jeden Höhenmeter suchen geht, wenn man mit einem bepackten Tourenrad unterwegs ist. Da macht man den einen oder anderen Pass, weil er halt da so rumsteht. Aber wenn man so die Höger will, nimmt man gefälligst weniger Gepäck mit. Schont überdies auch Material und Psyche. 

Die Hitze war treue Reisebegleitung. Nicht immer so wahnsinnig willkommen, allerdings. Wenn man triefend nass geschwitzt ist, der Puls bis in die Finger hämmert, das Wasser im Bidon schon am Siedepunkt ist, die Bremsgriffe so warm sind wie eine nur langsam ausglühende Kochplatte, die Schuhspitzen immer heisser werden, weil da die Sonne draufscheint, beginnt man sich schon zu fragen, was mache ich eigentlich da für einen Riesendblödsinn. Hitzekilometer sind etwa gleich einzustufen wie Höhenmeter. Über den Umrechnungsfaktor mache ich mir mal noch Gedanken. 

Dann, kaum wird es ein bisschen kühler und feucht, ist es ja auch nicht mehr recht. Und so merkt man dann auch mal, wie eng die Bandbreite ist, in der wir uns so wirklich wohlfühlen und funktionieren. 

Mein Kilometerzähler hatte auch immer mal wieder Durst. Er stieg immer mal wieder kurz aus, doch wenn man ein bisschen Wasser auf die Kontakte träufelte, dann lief er wieder wie ein Örgeli. 

Man kann unterdessen tatsächlich ohne Papierkarten eine grosse Tour unternehmen. Absicht war das nicht. Ich habe zu Hause einfach die falsche Beige erwischt und bin mit den Karten für das Gebiet Rhône-Alpes aufgebrochen.

Zu lange in der Fläche den Kanal nachfahren, wird auf die Dauer langweilig. Es war schön, aus dem eigentlichen Radfahrerparadies auszubrechen und sich wieder den Höhenmetern und dem Nebenstrassenverkehr zu stellen. 

Dumm war, dass meine Schaltung immer dann kaum zu gebrauchen war, wenn sie am nötigsten war: Mit schwitzigen Händen mit Sonnencremespuren am Berg, ohne allzu viel Fahrtwind, konnte ich den Drehgriff kaum mehr betätigen. 

Die Briten wollen zwar kleinmehrheitlich nicht mehr zur EU gehören, und ob dann das gut kommt oder eben eher nicht. . . Eines können Sie ganz bestimmt: Cookies. Ich bin erklärter Liebhaber der Hob Nobs von McVities's. So eine superfeine Mischung aus nicht allzu ungesundem Mehl, ganz viel Zucker und einem schwarzen Schoggiboden. Die Migros sollte das Zeug schleunigst ins Programm aufnehmen, vielleicht unter dem Namen Mob Hobs (es muss ja ein M drin haben, oder?). 

Die Zikaden: Sie schnarren, knattern, zirpen . . . (Wie nennt man das eigentlich?) in jeder Gegend ein bisschen anders: Am Atlantik sind es Basszikaden, im Kanal de La Garonne waren es dann alte und tenorige, und erst gegen das Mittelmeer hin hörte ich wieder so ein Sopranzikadchen in den höchsten Tönen.

Im Kreisel brauchts keine Velowege, und aussenrum noch weniger. Und irgendwann machte ich dann meine Meinung auch zur Regel und verliess den Veloweg vor dem Kreisel, um ihn mit den Autos zu umrunden. 

Die Stadtvelowege sind manchmal ganz ok, aber sehr häufig auch einfach eine Ansammlung von Rampen, Schwellen, irgendwelchen Absperrpfosten und nicht einsehbaren Einfahrten. Ist mindestens so gefährlich und braucht ebenso viel Mut, wie im normalen Verkehr mitzumachen und braucht mindestens so viel Draufgängertum und Geschicklichkeit, wie auf dem blanken Metall der Tramschiene entlangzufahren. 

Croissants und Pain au chocolat sind ja schon fein, aber wenn die Frenchies etwas nicht können, dann ist das Frühstück, das ein bisschen anehebt. Mit diesen Viennoiseries, einem bisschen hochweissen Baguette und einem Kaffee hat man einfach nicht gefrühstückt. Punkt. 

Und wenn wir schon bei Frenchies sind: So verbreitet sind die gar nicht mehr, die Frenchies. Ich war erstaunt, wie selten sie zu einem Menü Pommes Frites aufgetischt wurden.

Dass Preise von Land zu Land variieren, ist ja klar. Dass aber zehn Meter vor der Grenze der gleiche Kafi fünfzig Prozent teurer ist wie in der Beiz ennet der Grenze, finde ich immer wieder erstaunlich. In Ripoll kostete mich ein einfaches Zimmer in einem Hostal 22 €. In Toulouse 69. 

Überhaupt, Spanien: Ich war ja in einer Region Spaniens unterwegs, die eher vom Winter- als vom Sommertourismus lebt. Entsprechend entspannt war es auch. Ansonsten kann ich wegen der geringen Distanz und der kulturellen Nähe (die Katalanen und die Basken sind ja auch in Frankreich präsent) keine grossen Unterschiede feststellen. 

Pässe sind desto schöner, je besser die Bremsen. 

Auch das Bergauffahren kann ein Genuss sein. 

Kleine Pässe sind manchmal anstrengender als die grossen. 

Wenn man einen Pass macht, dann ist das entweder Sport oder Fälschung. 

Wenn ich dann wieder mal so richtig in die Berge will, dann mit kleinem Gepäck und ev. einem leichteren Velo (hätte da schon eine Idee), oder mit einem VW-Büsli (wer will die Hälfte davon???).

Und auf einmal höre ich Schweizerdeutsch.

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1. Tag, 3. Februar 2018
Tag 24, 26. Juli. Schnapszahl
 

Kommentare 5

Michi am Donnerstag, 28. Juli 2016 13:27

Cool. Schöne Runde, schöne Bilder! Auch ich fühle mich gerade nach Schottland zurückversetzt. Da war doch was am 1. August?

Cool. Schöne Runde, schöne Bilder! Auch ich fühle mich gerade nach Schottland zurückversetzt. Da war doch was am 1. August?
Didi am Donnerstag, 28. Juli 2016 13:57

Bin extra früher nach Hause gekommen, dass das keine Wiederholung gibt.

Bin extra früher nach Hause gekommen, dass das keine Wiederholung gibt.
Michi am Donnerstag, 28. Juli 2016 14:52

Ich bin eben gerade wieder einarmig unterwegs

Ich bin eben gerade wieder einarmig unterwegs ;)
Gäste - didi am Donnerstag, 28. Juli 2016 19:07

Bist beikn gegangen?
Und da sagt noch wer, Liegevelos seien so vurchtbar geföhrlich!!!

Bist beikn gegangen? Und da sagt noch wer, Liegevelos seien so vurchtbar geföhrlich!!!
Gäste - gaby am Freitag, 29. Juli 2016 09:42

Hey didi!

Scho wieder didihei? :-)

Wenn du Pässe fahren willst, dann melde dich an zum Alpenbrevet.ch
Aber subito! Darfst dann auch superminimalistisch unterwex sein

Hey didi! Scho wieder didihei? :-) Wenn du Pässe fahren willst, dann melde dich an zum Alpenbrevet.ch Aber subito! Darfst dann auch superminimalistisch unterwex sein ;)
Donnerstag, 18. April 2024

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